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Abendmahl

Irene Trawöger nimmt in diesem Werk zentrale Bildtraditionen

des christlichen Abendlandes auf, kehrt sie um und bewertet sie

neu. Sie bringt den vertrauten Topos in Dialog mit den

unterschiedlichsten "–Ismen", den Ideologien unserer Zeit; Kapitalismus, Kommunismus, Kreationismus, Spiritismus ... die Liste kann beliebig

verlängert werden. Viele dieser "–Ismen" haben den Zugang zu unseren geistigen und kulturellen Wurzeln überlagert. Die Künstlerin zeigt den Lieblingsjünger Jesu, Johannes, als Johanna, als Frau.

Jesus selbst stellt sie umringt von den Symbolen des Kapitals dar,

 die als Kapital–ismus den Blick auf das Göttliche verstellen.
 

Abbildung Leonardo-Abendmahl mit kurzem

Abbildung Leonardo-Abendmahl mit kurzem Untertext:

Leonardo da Vinci (1452 -1519) "Das Abendmahl", 1494 - 1498, Seccotechnik, 422 x 904 cm, Santa Maria delle Grazie, Mailand

Trawöger löst die Teilnehmer des Abendmahls, die schon Leonardo

zu rätselhaften Dreierkonstellationen zusammengefasst hatte,

als Gruppen aus der Tischrunde heraus, verkehrt sie spiegelbildlich

und erreicht damit ein verblüffendes Ergebnis.

Die Jünger, die im ursprünglichen Gemälde mit ihren Gesichtern und Gesten ganz auf

 Jesus hin verweisen und zum ihm gerichtet sind, drehen sich nun von

 ihrem Meister weg. Das Brotmesser des Petrus erscheint als tödliche

 Waffe. Die Gestalten des Abendmahls sind umfangen von zunächst

 seltsam anmutenden, riesenhaften Rosen.
Damit greift Irene Trawöger eine philosophische Tradition des

Abendlandes auf, die Idee des „Wahren, Guten und Schönen“,

 für die sie die Rose als prototypisches Symbol wählt. Sie belässt

die Rose aber nicht allein in diesem positiven Symbolgehalt. Bei ihr

entpuppt sich „die schönste aller Blumen“ als alles verschlingende

 Qualle und bedrohliches Wolkengebilde. Andererseits ist sie als

behütender Schutzmantel zu sehen. In dieser Ambivalenz

transzendiert sich die Rose und erscheint als mannigfaltige Wesenheit.

(basierend auf dem Programmtext zur Ausstellung "-ISMUS", 2006, von Eva-Maria Kaiser)

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