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Theseus

Irene Trawöger über ihre Theseus-Installation:

Anlässlich meiner Äolsharfen-Ausstellung im Jahr 1996 lernte ich die Geschichte des frei im Wiener Volksgarten thronenden Ausstellungsgebäudes kennen. Der Raum-Eindruck und die historischen Tatsachen brachten mich auf die Idee zur Ausstellung "RÜCK-SICHT". Ohne das Werk Canovas philosophisch oder politisch interpretieren zu wollen, holte ich "den ursprünglichen Hausherrn" für eine Stippvisite in "seinen Tempel" zurück, ähnlich wie ich später, 2002, die "schwarzen Weiber" aus der "Schwarzmanderkirche" heraus holte.

Ein Aspekt dieser Werke ist, auf die Wirkung des Kontexts, in dem eine solche Gestalt präsentiert wird, aufmerksam zu machen. Der Ort spricht.

 

Meine Theseusgruppe ist (wie Canovas Skulptur) 3,6 x 3,6 m groß, ist aber als Reliefmalerei gearbeitet. Sie wurde im Abstand von drei Sekunden abwechselnd von links und von rechts beleuchtet. Dadurch entstand ein dreidimensionaler Eindruck, der zur thematisierten Skulptur und deren umgebendem Raum Bezug nimmt.

Die Geschichte des "Theseustempels"

1805 gab Napoléon, um seine zunehmende Macht zu versinnbildlichen, dem angesehenen römischen Bildhauer Antonio Canova den Auftrag zu einer monumentalen Skulptur, die den mythischen Helden Theseus mit dem von ihm niedergerungenen Kentauren zeigt. 1819, nachdem Napoléon verbannt war, erwarb der österreichische Kaiser Franz I. das Werk, um es zur Darstellung des Niederringens der französischen Übermacht umzudeuten und zu präsentieren.

Der Architekt der Ringstraße, Pietro Nobile, schuf dafür eine Behausung: den "Theseustempel" im Wiener Volksgarten. Das Siegessymbol thronte hier bis 1890 das "K.u.K. Hofbaucomité" den Beschluss traf, Theseus ins Treppenhaus des neu gebauten "Kunst Historischen Museums" (KHM) zu übersiedeln.

 

Im Jahr 2000 belebte die Ausstellung "RÜCK-SICHT- Der Faden ist nicht verlorengegangen" die Hülle des entleerten "Tempels" neu. Sie beschäftigte sich mit formalen, ästhetischen und historischen Phänomenen rund um Canovas Theseusgruppe, der der Raum ursprünglich gewidmet war. Die Qualität dieser Skulptur wurde aufgenommen und mit verschiedenen Mitteln, in Verbindung von plastischer Darstellung, Klang, Malerei, Licht und Grafik, in die Gegenwart hinein gestaltet.

Als Pendant zum schmiedeeisernen Zaun vor Canovas Theseusgruppe gibt es bei  meiner "leichten Version" einen "Zaun" aus Acrylglas.

Er entspricht ihrer durch Licht und Luft erzeugten Räumlichkeit. Die Zaunspitzen aus gedrehten Papiertütchen zeigen Abbildungen zarter figuraler Skizzen von Canovas Hand. Der fast vergessene "Bewohner des Tempels" wurde gewürdigt, der Faden wiederaufgenommen und weiterentwickelt.

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